Psychische Gesundheit von Mitarbeitenden ist Chefsache!

Psychische Gesundheit von Mitarbeitenden ist Chefsache!

Wirklich? Denken Sie vielleicht. Meine Antwort ist: Ja, aber nicht nur, denn die Arbeitswelt hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Nur ein kleiner Teil der werktätigen Gesellschaft arbeitet heute noch körperlich, die meisten Arbeitnehmenden sind mit geistiger Arbeit beschäftigt und das macht unsere Psyche anfälliger. Wo früher Rückenschmerzen durch starke Anstrengung entstand oder Unfälle passierten, stehen heute Stress, Burn-out, Depression und Suchtverhalten. Aber alles der Reihe nach.  

Wie wird die psychische Gesundheit definiert? 

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert psychische Gesundheit wie folgt:  

«Ein psychisch gesunder Mensch kann seine Fähigkeiten ausschöpfen, die normalen Lebensbelastungen bewältigen, produktiv arbeiten und ist im Stande etwas zu seiner Gemeinschaft beizutragen» (WHO, 2004). 

Eine Studie von Baer und Kollegen (2017)  zeigt auf, dass 80% der Führungskräfte zwar bereits Erfahrung mit einer psychisch auffälligen Person haben, jedoch nur 30% der Führungskräfte diesbezüglich geschult wurden mit solchen belastenden und herausfordernden Situationen umzugehen. Dies zeigt ein eindeutiges Missverhältnis von Vorkommen und Bedeutung im Führungsalltag und somit Handlungs- bzw. Aufklärungsbedarf! 

EKAS-Richtlinien für die Prävention physischer Beschwerden 

Mit den Richtlinien der Eidgenössischen Koordinationskommission für Arbeitssicherheit, kurz EKAS genannt, wurden der Sicherheit und der Gesundheit von Arbeitnehmenden, die vorwiegend körperlich arbeiten und Gefahren ausgesetzt sind, Rechnung getragen. Die Unternehmen sind verpflichtet, sich dem physischen Schutz ihrer Mitarbeitenden anzunehmen. Die EKAS-Richtlinien sind denn auch ganz spezifisch für verschiedene Branchen und Gefahren ausgearbeitet worden. Des Weiteren stehen spezifische Checklisten und Publikationen online zur Verfügung. Diese EKAS-Richtlinien sind ein wesentlicher Fortschritt zum Gesundheitsschutz der Mitarbeitenden. Allerdings hat sich – wie oben erwähnt – die Arbeitssituation von der körperbetonten zur kopflastigen Arbeit verändert. Vergleichbares wie die EKAS-Richtlinien für jene Menschen, die mit Kopf und Geist arbeiten und deshalb eher auf der psychischen Ebene Schutz bräuchten, gibt es bisher noch nicht. Aber wir sind dem weder als Führungskraft noch als Mitarbeitende einfach ausgeliefert, wir können auf drei Ebenen aktiv werden. 

Die drei Ebenen betrieblicher Gesundheitsförderung in Bezug auf psychische Gesundheit

Auf der Ebene der Organisation 

Auf der Ebene der Organisation ist es zentral eine Personalpolitik zu verfolgen, die den Mitarbeitenden Perspektiven bietet, Transparenz lebt, Vertrauen, Respekt und Ehrlichkeit zu den Grundsteinen im Umgang zwischen Menschen gehören, so dass sich eine angenehme, offene Betriebskultur entwickeln kann und Diskriminierung z.B. von psychisch Kranken und Mobbing keine Chance haben. Dazu gehören auch Rahmenbedingungen wie der definierte Umgang mit Konflikten, Fehlzeiten und der Vereinbarkeit der verschiedenen Lebensbereiche.  

Auf der Ebene der Führungskräfte

Da gilt es mit dem Mitarbeitenden im Gespräch zu sein, die Fühler auf Empfang zu schalten und Veränderungen oder Beobachtungen, die Sie bei Ihren Mitarbeitenden feststellen, direkt und offen anzusprechen. Seien sie sich auch bewusst, dass sie im Umgang mit Menschen als Führungsperson jederzeit ein Vorbild sind. Lassen Sie deshalb keine diskriminierenden oder herablassenden Äusserungen zu, nehmen Sie stattdessen eine antidiskriminierende Haltung ein und schaffen so Klarheit und Vertrauen gegenüber Betroffenen und anderen Mitarbeitenden. Pflegen Sie einen wertschätzenden, achtsamen Umgang mit den Mitarbeitenden und seien Sie klar in der Äusserung Ihrer Erwartungen wie auch vorhersehbar in Ihrem Verhalten. Prüfen Sie regelmässig, ob die Aufgaben noch zu den Mitarbeitenden passen oder passen Sie die Aufgaben an (Abgleich Verantwortung – Kompetenz – Fähigkeiten).  

Wie kann eine Führungsperson erkennen, wie es um das psychische Wohlbefinden der Mitarbeitenden geht? Mögliche Frühwarnzeichen, wenn die psychische Gesundheit ins Wanken kommt, können sein: 

  • Leistungsschwankungen 
  • Unberechenbarkeit 
  • Dünnhäutigkeit, Reizbarkeit 
  • Konfliktanfälligkeit 
  • Anspannung 
  • Erschöpfung (trotz genügend Schlaf) 
  • Vermehrte, kurze Absenzen 
  • Muskelverspannungen 
  • Schlafstörungen 
  • Negative Gedanken 

Ein direktes Ansprechen von beobachtbaren Veränderungen, wie sie oben beschrieben sind, unterstützt die frühzeitige (gemeinsamen) Suche nach möglichen Lösungen. 

Auf der Ebene von Mitarbeitenden 

Jeder einzelne Mitarbeitende kann sich und seiner psychischen Gesundheit gutes Tun und Sorge tragen. Doch was heisst das konkret? 

Auf mentaler Ebene 

  • Ausgleich schaffen z.B. mit Sport, Musik, Malen, Werken, … 
  • Entspannen z.B. mit Meditation, Yoga, … 
  • Verhältnis von Belastungen und Ressourcen in Einklang bringen  
  • Achtsam sein, Veränderungen wahrnehmen und beobachten 

Auf körperlicher Ebene

  • Ausreichend Schlaf  
  • Ausgewogene Ernährung, bewusst Essen 

Auf sozialer Ebene

  • Soziale Kontakte aktiv pflegen 
  • Hilfe / Unterstützung holen, vertraute Personen einbeziehen 

Selbstverständlich hat jede Person ihre ganz persönliche Art sich zu Erholen und sich Gutes zu tun, deshalb ist dies Aufzählung lediglich beispielhaft zu verstehen.  

Weitere Einflussfaktoren 

Bevor nun der Eindruck entsteht, die Arbeitsbedingungen seien alleine für eine psychische Krankheit verantwortlich, will ich hier erwähnen, dass es selbstverständlich verschiedene Einflussfaktoren gibt, die zur Entstehung einer Krankheit nicht unerheblich sein können. So gibt es biologische, psychologische, soziale und spirituelle Belastungen wie auch Ressourcen, die Einfluss auf ein Krankheitsgeschehen nehmen.  

Um ein Bild vom Ganzen zu erhalten und anschliessend passende Interventionen mit der betroffenen Person finden zu können, ist eine systemische Sichtweise auf die Situation unumgänglich. Es gibt immer mehrere Einflussfaktoren, die die Balance der psychischen Gesundheit ins Wanken bringen können. Und diese Disbalance einer einzigen Person kann ein ganzes Team irritieren und dessen Arbeit massgeblich beeinflussen. Deshalb, tragen Sie Sorge zu sich und Ihren Mitarbeitenden! 

Haben Sie Anregungen oder wünschen Sie einen Austausch zu diesem Thema? Melden Sie sich umgehend bei mir. Ich freue mich auf Ihre Kontaktaufnahme! 

Literatur 

Baer, N.; Frick, S.; Auerbach, S. & Basler M. (2017). Der tägliche Wahnsinn. Psychisch auffällige Mitarbeitende und ihr Problemverlauf aus Sicht von Deutschschweizer Führungskräften. Verfügbar unter: Link [11.09.2017]. 

Ihde-Scholl, T. (2015). Wenn die Psyche streikt. Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt. Zürich: Springer. 

Pro Mente Sana (2015). Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz. Eine Broschüre für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Verfügbar unter: Link [25.10.2017]. 

Pro Mente Sana (2016). Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz. Ratgeber für Führungskräfte. Verfügbar unter: Link [25.10.2017]. 

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