Ich wage zu behaupten, dass viele Führungskräfte davon ausgehen für die Motivation ihrer Mitarbeitenden verantwortlich oder zumindest mitverantwortlich zu sein. Das ist gar nicht weit hergeholt, denn in einschlägiger Fachliteratur zum Thema Mitarbeitendenführung findet sich meist ein ganzes Kapitel zur Mitarbeitendenmotivation. Auch eine einfache google-Suche bringt eine Vielzahl von Links zu diesem Thema. So heisst es etwa: «Das kleine Einmaleins der Mitarbeitermotivation» oder «So steigert man die Motivation der Mitarbeitenden» oder «20 Tipps zur nachhaltigen Mitarbeitermotivation» und so fort.
Ebenfalls gibt es ganz verschiedene Motivationstheorien so etwa Inhaltstheorien wie die Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg (1968), welche Motivatoren und Hygienefaktoren ins Zentrum setzt; die Motivationstheorie von Maslow (1973, 1977) mit der Hierarchie der verschiedenen Bedürfnisse; die Theorie der gelernten Bedürfnisse von McClelland (1951), welche auf vier Motiven (Leistungs-, Vermeidungs-, Macht- und Zugehörigkeitsmotiv) aufgebaut ist. Des Weiteren gibt es prozessorientierte Theorien wie die Erwartungs-Valenz-Theorie von Vroom (1964), auch VIE-Theorie genannt, welche die Valenz (Wichtigkeit des Motives), die Instrumentalität (Ausmass in dem die erfolgreiche Aufgabenerfüllung das Bedürfnis befriedigen kann) und die Erfolgserwartung (die eingeschätzte Wahrscheinlichkeit, dass die Anstrengung auch tatsächlich zum Erfolg führt) als massgebliche Faktoren ins Zentrum setzt; die Gleichheitstheorie von Adams (1965), welche Anforderung und Belohnung gegenüberstellt; und weitere mehr.
Auch werden ganz viele verschiedene Motivationsinstrumente wie bspw. Boni, Gehaltserhöhung, Beförderung als Motivationshilfen genannt und auch in der Praxis danach gehandelt. Studien zeigen jedoch, dass diese Art der Motivation nur kurzfristig Wirkung zeigt und sogar die intrinsische Motivation sabotiert (Deci, Ryan & Koester, (1999). Auch werden Boni nach dem zweiten oder dritten Mal als normal bzw. «das steht mir zu» und nicht mehr als Belohnung empfunden, was die positive Wirkung auf die Motivation und die damit verbundene Arbeitsleistung ebenfalls in Grenzen hält.
Aber geht es wirklich darum, die Motivation der Mitarbeitenden positiv zu beeinflussen? Meines Erachtens geht es eher darum, die Motivation, mit der die Mitarbeitenden in die Unternehmung eingestiegen sind, zu pflegen um sie zu erhalten. Da gilt für mich der Grundsatz: «Vorsorgen ist besser als heilen.» Und da gehe ich mit der Aussage von Nerdinger (2006) einig, wenn er schreibt, das Thema Mitarbeitendenmotivation sei komplex und Bedarf einiges an Fingerspitzengefühl einer Fühungskraft, denn jede Person brauche etwas anderes zur Motivation. Wie die Mitarbeitendenmotivation gepflegt und erhalten werden kann, das ist wirklich eine knifflige, individuell zu lösende Führungsaufgabe. Studien haben gezeigt, dass die Motivation von Mitarbeitenden durch ein Lob der vorgesetzten Person beachtlich gesteigert werden kann, allerdings sollten bei besonderen Leistungen nach Worten auch fassbare Zeichen folgen (s. weiter unten).
Einmal mehr kommt es also auf das Verhalten der Führungsperson gegenüber den Mitarbeitenden an und das ist, zumindest teilweise, lern- bzw. trainierbar. Sie fragen sich jetzt, was genau Sie als Führungsperson tun können um die Motivation Ihrer Mitarbeitenden zu pflegen und zu erhalten? Hier ein paar mögliche Verhaltenshinweise, die die Mitarbeitendenmotivation positiv beeinflussen:
- Zeigen Sie eine wertschätzende, authentische Grundhaltung gegenüber den Mitarbeitenden.
- Äussern Sie Lob und Anerkennung für geleistete Arbeit, auch wenn es sich nicht um eine Sonderleistung handelt.
- Zeigen Sie Interesse an der Arbeit der Mitarbeitenden, fragen Sie aktiv nach, wie es läuft.
- Sprechen Sie eine positive Sprache (z.B. sagen was sein soll, nicht was nicht sein soll)
- Belohnen Sie einen Sondereffort z.B. mit einem (Restaurant-)Gutschein, aber bleiben Sie transparent gegenüber anderen Mitarbeitenden.
- Beziehen Sie Ihre Mitarbeitenden bei Entscheidungen mit ein und fragen Sie sie um ihre Meinung und berücksichtigen Sie diese bei der Endentscheidung.
- Bewerten Sie «Fehler» Ihrer Mitarbeitenden als «Erfahrung, aus welcher er/sie/das Team lernen kann», das entlastet, gibt Mut und motiviert Neues auszuprobieren.
- Vereinbaren Sie mit Ihren Mitarbeitenden herausfordernde, erreichbare und sinnvolle Ziele.
Sind Sie mit dem Geschriebenen einverstanden oder denken Sie ganz anders über Mitarbeitendenmotivation? Mich interssiert Ihre Ansicht, lassen Sie mich wissen, was Sie darüber denken und nehmen Sie mit mir Kontakt auf. Ich freue mich darauf!
Literatur
Adams J. (1965). Inequality in Social Change. In: L. Berkowsky (Hrsg.). Advances in experimental Social Psychology (S. 267-299).
Deci, E.L.; Ryan, R.M. & Koester, R. (1999). A Meta-Analytic Review of Experiments Examinung the Effects of Extrinsic Rewards on Intrinsic Motivation. Psychological Bulltin, 125(6), 627-668.
Herzberg, F. (1968). One More Time: How do You Motivate Employees? In: Harvard Business Review, 46(1), 53-62.
Kahneman, D. & Deaton A. (2010). High income improves evalutaion of life but not emotional well-being. PNAS, 107(38), 16489-16493.
Maslow, A.H. (1973). Psychologie des Seins. Ein Entwurf. München:Kindler.
Maslow, A.H. (1977). Motivation und Persönlichkeit. Olten: Walter.
Nerdinger, F.W. (2006). Motivierung. In: Heinz Schuler (Hrsg.). Lehrbuch der Personalpsychologie (2. Überarbeitete Auflage). Göttingen: Hogrefe.
Vroom, V.H. (1964). Work and Motivation. New York: Wiley
McClelland, D.C. (1961). The Achievement Motive. Princton: Van Nostrand