Das Jahr hat erst angefangen und schon wieder Mitarbeitergespräch
Die meisten angestellten Personen kennen das Mitarbeitergespräch als feste Einrichtung einmal im Jahr, meist gegen Ende des Kalenderjahres. Ein Gespräch im Einzelsetting zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden, in dem eine Rückschau gehalten und eine Beurteilung abgegeben wird, aber auch Ziele sowie Entwicklungsmöglichkeiten für das kommende Jahr vereinbart werden. Das Mitarbeitergespräch ist ebenfalls die Gelegenheit, gegenseitige Erwartungen anzusprechen und allenfalls abzugleichen. In der Fachliteratur werden folgende fünf Hauptfunktionen eines Mitarbeitergesprächs genannt: Austausch von Sachinformationen, Beziehungsklärung und -entwicklung, Feedback und Zielsetzung, Leistungs- bzw. Potenzialbeurteilung sowie Entwicklung (Fiege, Muck & Schuler. 2005). Ganz schön viel auf einmal!
Gründe der Unbeliebtheit auf beiden Seiten
Ein solch umfassendes Gespräch braucht von beiden Seiten eine seriöse Vorbereitung, wollen doch Mitarbeitende und Führungskräfte davon profitieren. Genau dieser Aufwand ist wohl einer der Gründe, weshalb dieses Gespräch weder bei den Führungspersonen noch bei den Mitarbeitenden nicht sonderlich beliebt ist, denn es braucht Zeit und die ist doch eh schon knapp! Dieses Gespräch wird von der Personalabteilung verordnet und die Führungskraft hat ihre jährliche Pflicht zu erfüllen und einen ausgefüllten Report abzuliefern, deshalb wird es trotz dem Zeitaufwand durchgeführt. Ein weiterer Grund kann auch die Vermischung von Feedback und Beurteilung sein. Um ein Feedback annehmen und davon profitieren zu können, braucht es eine gewisse Offenheit, gerade wenn es um ein negatives Feedback geht. Doch diese Offenheit kann durch das Wissen, dass sogleich eine Beurteilung folgt, geschmälert sein und zwar beidseitig. Des Weiteren hat sich seit dem letzten Mitarbeitergespräch sicher einiges getan und die damals vereinbarten Ziele sind in Vergessenheit geraten, also weder erfüllt noch aktuell. Die dynamische Arbeitswelt in der wir leben, setzt auch da eine flexible Herangehensweise voraus. Da stellt sich die Frage, ist das jährliche Mitarbeitergespräch überhaupt noch zeitgemäss?
Ja, es braucht Mitarbeitergespräche!
Ich bin der Überzeugung, dass es unbedingt Mitarbeitergespräche braucht, die Frage ist nur, welche Form und welche Intervalle gewählt werden sollen. Eine Führungskraft braucht die Nähe zu den Mitarbeitenden, um mitzubekommen was die Mitarbeitenden beschäftigt, mit welchen Herausforderungen sie sich befassen, wo sie allenfalls Unterstützung brauchen und nicht zuletzt auch, um die Mitarbeitenden und ihre Arbeit wertschätzen zu können. Mitarbeitenden gibt das regelmässige Gespräch mit der Führungskraft eine wichtige Orientierung, welche durch ein Feedback zur geleisteten Arbeit und dem gezeigten Verhalten erfolgen kann. Ebenfalls gibt es die Möglichkeit, (heikle) Themen zeitnah anzusprechen und die Beziehung zu pflegen, ein Aspekt, der nicht unterschätzt werden darf. Mein Fazit: Führungskräfte und Mitarbeitende müssen unbedingt miteinander im Gespräch sein und zwar über das ganze Jahr hinweg.
Welche Formen und Intervalle von Mitarbeitergesprächen sind denkbar?
Das Einzelsetting gibt dem einzelnen Mitarbeitenden Raum und Zeit, in der sich die Führungskraft ausschliesslich mit ihm, der erbrachten Leistung und der individuellen Zukunft im Betrieb befasst. Eine Form von Wertschätzung, welche nicht unterschätzt werdend darf. Eine kurze Agenda mit drei bis höchstens fünf Punkten würde m.E. genügen und die stark formalisierten Instrumente ersetzen. Das würde eine Kommunikation ermöglichen, die ein Gespräch entstehen lässt und das Hierarchiegefälle weniger zu Geltung kommt. Wichtig ist jedoch, dass die Vorbereitung nach wie vor seriös gemacht wird. In der dynamischen Welt sind die Ziele häufig kurzfristige bzw. sie passen sich der dynamischen Welt an. Auch wird häufiger in Teams gearbeitet, weil das Produkt oder die Dienstleistung nur so entstehen kann. Wäre es angebracht, Teamziele und Teamgespräche statt individuelle Ziele und Einzelgespräche zu führen? Für mich schliesst das eine das andere nicht aus, sondern ich sehe die beiden als Ergänzung, allerdings sollten beide Formen klar terminiert, mit Agenda versehen, seriös vorbereitet sein und genügend Zeit reserviert werden, so dass ein Gespräch bzw. ein Prozess überhaupt entstehen kann. Dabei scheint mir ein zentraler Teil die positive Reflexion der Arbeit zu sein, egal ob ihm Team oder mit einzelnen Mitarbeitenden, denn so ist Entwicklung und Leistungsgewinn möglich, da gehe ich mit Ruth Seliger (2014) einig.
Bezüglich Intervall gibt es (noch) keine Richtwerte, jedoch ist eines sicher, es sollte mehrmals pro Jahr ein Mitarbeitergespräch bzw. ein Teamgespräch stattfinden, um der dynamischen Arbeitswelt gerecht werden zu können. So können aktuelle Themen und Veränderungen aufgenommen und die gesteckten Ziele im Auge behalten werden.
Und einmal mehr wird klar, dass Führungsarbeit Beziehungsarbeit ist. Das kostet zwar viel Zeit, zahlt sich jedoch alle mal aus.
Wie sieht das bei Ihnen aus? Sind Sie aktiv, bewusst und regelmässig in einem intensiven und strukturierten Austausch mit Ihren Mitarbeitenden oder Teams? Welche Form und welche Intervalle würden in Ihrem Betrieb am besten passen, um allen den grössten Nutzen zu bringen?
Das neue Jahr hat gerade begonnen, nutzen Sie also die Gelegenheit und überlegen Sie sich jetzt, wie sie zukünftig mit Mitarbeitergesprächen bzw. Teamgesprächen umgehen wollen! Gerne unterstütze ich Sie im Finden der passenden Lösung für Ihren Betrieb. Nehmen Sie Kontakt mit mir aus, ich freue mich auf Sie.
Literatur
Fiege, R.; Muck, M. & Schuler, H. (2005). Mitarbeitergespräch. In: H. Schuler (Hrsg.), Lehrbuch der Personalpsychologie (S. 471-525). Göttingen: Hogrefe.
Seliger, R. (2014). Positive Leadership. Die Revolution der Führung. Stuttgart: Schäffer-Poeschel.